Architektur: Ein zweiflügliges Wohnhaus bei Heidelberg
Kommunikation über Eck: Zwei Schenkel finden in diesem Wohnhaus zusammen. Die Idee ist inspiriert von Mies van der Rohe
Ums Eck gedacht: Denn die beiden Schenkel, die in diesem Wohnhaus fast in einem 90-Grad-Winkel aufeinandertreffen, trennen unterschiedliche Funktionsbereiche voneinander – und wo sie sich überschneiden, entsteht eine Kommunikationsfläche. Verbunden sind sie außerdem durch den Außenbereich: In dem Winkel, den sie bilden, findet die Terrasse Platz. Der zurückhaltende, zweigeschossige Bau passt sich durch Form, Farbe und Materialwahl in die Landschaft ein – und genau das hebt ihn von dem umgebenden Wohngebiet ab.
Auch über die Fensterflächen läuft die Fassadenverkleidung. Allerdings sind die Latten hier quergestellt, wodurch große Zwischenräume entstehen. So werden Ausblicke ohne Einblicke möglich. Da das Grundstück am Waldrand liegt und an zwei Seiten von Spazierwegen begrenzt wird, war es auch im Erdgeschoss wichtig, den Wohnraum vor neugierigen Blicken zu schützen, ohne dass die Aussicht darunter leiden muss. Hier hat der Architekt daher an der Rückseite des einen Schenkels schmale, bodentiefe Fenster gewählt.
Wehrhaft wirkt die zur Außenecke hochgezogene Fassade des Erdgeschosses. Sie strebt dem Pultdach zu, erreicht es jedoch nicht.
Wehrhaft wirkt die zur Außenecke hochgezogene Fassade des Erdgeschosses. Sie strebt dem Pultdach zu, erreicht es jedoch nicht.
Die beiden Schenkel des Gebäudes treffen im Eck aufeinander. Die als gedämmte Holzbalkenkonstruktion ausgeführten Pultdächer stoßen auf Gehrung aneinander. Ein leichtes Gefälle zur hinteren Außenecke dient der Entwässerung.
Auch bei der Straßenansicht sind die Einblicke begrenzt. Große Fensterflächen gibt es hier im Obergeschoss, während im Erdgeschoss ein schmales Fensterband Licht in den Raum lässt. Er wird derzeit vom Hausherrn als Fahrradwerkstatt genutzt, kann aber später zu einem barrierefreien Wohnraum umgestaltet werden.
Zum Eingang geht es von der Straßenseite längs am einem der Hausschenkel vorbei. Der Eingang liegt dort, wo sich die beiden Schenkel überlagern. Ein vorgesetzter Wetterschutz empfängt Bewohner und Besucher. „Dieses C aus Beton ist nicht mit dem Haus verbunden“, beschreibt der Architekt seinen Entwurf. Die Überlagerungsfläche selbst ist betoniert, ebenso das Fundament und die Decke des Erdgeschosses. Die übrigen Wände sind gemauert.
In der Überlagerung der beiden Schenkel liegt die Erschließung des Gebäudes. Eine Treppe führt hinunter in den Technikraum des ansonsten nicht unterkellerten Hauses. Gegenläufig führen Trittstufen, die Ausblicke zulassen, in das Obergeschoss.
In der Überlagerungsfläche im Erdgeschoss liegen Eingang, Gästetoilette und Garderobe. Gleich neben der Treppe schließt sich der Koch- und Essbereich an.
In der Überlagerungsfläche im Erdgeschoss liegen Eingang, Gästetoilette und Garderobe. Gleich neben der Treppe schließt sich der Koch- und Essbereich an.
Die Küchenzeile ist ein Entwurf der Architekten. Die Küchenschränke reichen nicht bis zur Decke; so bekommen die dahinterliegenden Räume auch Tageslicht. „Der Hausherr hat eine professionelle Kaffeemaschine, die aber nicht ständig sichtbar sein sollte. Deshalb ist sie hinter dem Küchenschrank versteckt“, verrät Fabrinsky.
Vor der Küche liegt eine große Terrasse. Sie verbindet die beiden Schenkel und hält sie zusammen, da sie auch vom Wohnzimmerbereich aus zugänglich ist.
Über die große Terrasse ist eine Kommunikation zwischen Wohnzimmer- und Koch-Essbereich möglich. „Wir haben eine Trennung der Funktionsbereiche, und dennoch sind sie über Sichtkontakt miteinander verbunden“, so Fabrinsky. Innen bildet der Eingangsbereich ein Verbindungsglied. Vom Wohnzimmerbereich ist er durch eine Betonwandscheibe getrennt, die frei in den Raum gestellt ist und sich links und rechts umgehen lässt.
Das Schlafzimmer geht auf Wunsch der Bauherren nach Süden. Ein zusätzliches Fenster gibt den Blick nach Osten, in den Wald, frei.
Im anderen Schenkel liegt noch ein Gästezimmer und zur Straße hin das Arbeitszimmer. „Der Blick von hier reicht an manchen Tagen bis nach Mannheim“, schwärmt Fabrinsky.
Im anderen Schenkel liegt noch ein Gästezimmer und zur Straße hin das Arbeitszimmer. „Der Blick von hier reicht an manchen Tagen bis nach Mannheim“, schwärmt Fabrinsky.
Das Bad befindet sich in der Überlagerungsfläche. Auch hier ist alles auf Maß gefertigt. Ein Oberlicht aus Klarglas gibt den Blick in den Himmel frei. Einzig die Dusche ist gefliest. Ansonsten ist auch im Bad der gleiche geölte Holzdielenboden verlegt, der auch im übrigen Haus zum Einsatz kam.
„Bei diesem Entwurf habe ich mich vom Mies-van-der-Rohe-Haus in Berlin-Weißensee inspirieren lassen. Auch dort entsteht der Dialog über die offene Innenecke“, sagt der Architekt.
Grundriss Erdgeschoss: Neben Eingang und Gästetoilette liegen im Erdgeschoss Küchen-, Ess- und Wohnbereich. Auch ein Raum mit separatem Zugang ist hier untergebracht. Derzeit noch Fahrradwerkstatt, kann er bei Bedarf in einen barrierefreien Schlafraum umfunktioniert werden.
Grundriss Obergeschoss: Jeder der beiden Schenkel mündet im Obergeschoss auf einen Balkon. Einer der Räume wird als Arbeits-, der andere als Schlafzimmer genutzt. Das Bad liegt in der hinteren Außenecke, direkt über Eingang und Gästetoilette. Ankleide und Gästezimmer befinden sich ebenfalls im Obergeschoss.
Grundriss Untergeschoss: Hier ist die Technik untergebracht. Bis auf diesen Bereich ist das Haus nicht unterkellert.
Noch mehr Architektur-Rundgänge
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Hier wohnt: ein Paar
In: Nußloch bei Heidelberg
Auf: 170 Quadratmetern (dazu kommen 30 Quadratmeter für die Haustechnik)
Experte: Thomas Fabrinsky
Fotos: Stephan Baumann
Schlicht und zurückhaltend fügt sich das Einfamilienhaus in seine Waldrandlage. Das schwarzgrau verputzte Erdgeschoss ist ungewöhnlich für das Wohngebiet, in dem weiße Kuben vorherrschen. Doch der Architekt Thomas Fabrinsky hat die Farbe bewusst gewählt: „Das Schwarzgrau nimmt dem Gebäude die Präsenz und Wichtigkeit. Dadurch fügt es sich angenehm in die Natur ein.“ Im Erdgeschosses wirkt der Putz fast wie Naturstein. Das mit sägerauer, unbehandelter Lärche verkleidete Obergeschoss hebt sich davon ab und gliedert den Baukörper.