Zurück in die Zukunft: Über die Genialität von Umgebindehäusern
Optisch vielleicht aus der Zeit gefallen. Aber in puncto ökologisches Bauen ist ein Umgebindehaus mächtig modern
Bei einem Ausflug in die Oberlausitz fallen sie gleich ins Auge: Häuser mit dicken Holzbalken und seltsam davorgesetzten Bogenkonstruktionen. Mal sind sie eingeschossig, mal zweigeschossig mit sichtbarem Fachwerk oder verkleidet. Einige sind auch schon ganz schön verfallen, sehen ziemlich einsturzgefährdet aus. Was aber hat es mit diesen Häusern auf sich? Wir haben bei der Stiftung Umgebindehaus nachgefragt, die ihren Sitz in Neugersdorf in der Oberlausitz hat.
Welchen Zweck erfüllt das Umgebinde?
Die Blockstube ist aus unbehandelten oder nur mit Leinöl eingelassenen Holzbalken oder -bohlen errichtet. Sie verformt sich stark je nach Witterung. Diese Bewegung würden Ausfachungen von Fachwerk oder auch Dachkonstruktionen nicht unbedingt mitmachen. Durch das Umgebinde werden alle Aufbauten stabil getragen, während die Blockstube in Bewegung bleiben kann. Das Fachwerk ist häufig unter einer Holzverschalung verborgen. Mit der Industrialisierung kamen dann auch Schieferplatten.
Die Blockstube ist aus unbehandelten oder nur mit Leinöl eingelassenen Holzbalken oder -bohlen errichtet. Sie verformt sich stark je nach Witterung. Diese Bewegung würden Ausfachungen von Fachwerk oder auch Dachkonstruktionen nicht unbedingt mitmachen. Durch das Umgebinde werden alle Aufbauten stabil getragen, während die Blockstube in Bewegung bleiben kann. Das Fachwerk ist häufig unter einer Holzverschalung verborgen. Mit der Industrialisierung kamen dann auch Schieferplatten.
Warum gibt es dann überhaupt die Blockstube?
Die dicken Massivholzwände der Blockstube halten die Temperaturen besonders gut. Ein wichtiger Faktor in kalten Wintern. „Umgebindehäuser stehen in der Oberlausitz, in Böhmen und Schlesien, ähnliche Bauten finden sich auch in Karelien, China und Tibet. Die Forschungen dazu sind noch nicht abgeschlossen“, wie Rüdiger betont. Zudem haben die Blockstuben, wie auch die darüberliegenden Hausteile, nur kleine Fenster, die durch ihre Dreischeibenkonstruktion den Wärmeverlust gering halten. „Das Holz speichert die Wärme sehr gut. Lange Zeit war die Blockstube der einzige geheizte Raum im ganzen Haus. Es wurde bewusster geheizt“, erläutert Rüdiger. Und was im Winter gut ist, hat auch im Sommer seine Vorteile. Das Holz zieht sich in trockenen Sommern zusammen und lässt durch feine Ritzen zwischen den Bohlen die Luft zirkulieren.
Die dicken Massivholzwände der Blockstube halten die Temperaturen besonders gut. Ein wichtiger Faktor in kalten Wintern. „Umgebindehäuser stehen in der Oberlausitz, in Böhmen und Schlesien, ähnliche Bauten finden sich auch in Karelien, China und Tibet. Die Forschungen dazu sind noch nicht abgeschlossen“, wie Rüdiger betont. Zudem haben die Blockstuben, wie auch die darüberliegenden Hausteile, nur kleine Fenster, die durch ihre Dreischeibenkonstruktion den Wärmeverlust gering halten. „Das Holz speichert die Wärme sehr gut. Lange Zeit war die Blockstube der einzige geheizte Raum im ganzen Haus. Es wurde bewusster geheizt“, erläutert Rüdiger. Und was im Winter gut ist, hat auch im Sommer seine Vorteile. Das Holz zieht sich in trockenen Sommern zusammen und lässt durch feine Ritzen zwischen den Bohlen die Luft zirkulieren.
Welches Material wird verwendet?
Generell wurde bei Umgebindehäusern sehr viel Holz verwendet, was für den Reichtum der Besitzer spricht. Im Erdgeschoss kam neben Stampflehm vor allem im Eingangsbereich auch Stein als Bodenbelag zum Einsatz. In der Oberlausitz wurden dafür häufig große, Schweinebauch genannte Granitplatten verwendet. „Wenn der schwere Stein erst mal lag, wurde er auch nicht mehr verschoben“, so der Experte. Die Dächer waren traditionell mit Biberschwanzziegeln oder Stroh gedeckt. Bei größeren Gebäuden gibt es eine zweite Blockstube oder einen gemauerten Wirtschaftsbereich. „Die Baumaterialien der Umgebindehäuser variieren leicht, da heimisches Material verwendet wurde. In unserer Region waren das vor allem Fichte und Tanne. In Rietschen, weiter im Nordosten der Oberlausitz, wurde Kiefer verwendet“, erklärt Rüdiger. Das weiche Holz der Kiefer wurde einige Jahre vor dem Fällen teilweise entrindet, wodurch es mehr Harz produzierte. Das so entstandene Schrotholz ist insgesamt besser vor Schädlingen und Witterungseinflüssen geschützt.
Generell wurde bei Umgebindehäusern sehr viel Holz verwendet, was für den Reichtum der Besitzer spricht. Im Erdgeschoss kam neben Stampflehm vor allem im Eingangsbereich auch Stein als Bodenbelag zum Einsatz. In der Oberlausitz wurden dafür häufig große, Schweinebauch genannte Granitplatten verwendet. „Wenn der schwere Stein erst mal lag, wurde er auch nicht mehr verschoben“, so der Experte. Die Dächer waren traditionell mit Biberschwanzziegeln oder Stroh gedeckt. Bei größeren Gebäuden gibt es eine zweite Blockstube oder einen gemauerten Wirtschaftsbereich. „Die Baumaterialien der Umgebindehäuser variieren leicht, da heimisches Material verwendet wurde. In unserer Region waren das vor allem Fichte und Tanne. In Rietschen, weiter im Nordosten der Oberlausitz, wurde Kiefer verwendet“, erklärt Rüdiger. Das weiche Holz der Kiefer wurde einige Jahre vor dem Fällen teilweise entrindet, wodurch es mehr Harz produzierte. Das so entstandene Schrotholz ist insgesamt besser vor Schädlingen und Witterungseinflüssen geschützt.
Welche Vorteile hat das Material?
Natürliche Baumaterialien prägen die Umgebindehäuser. Holz spielt dabei die wichtigste Rolle. Anstriche wurden traditionell mit Leinölfarben gemacht, Lehmputz sorgt in den Räumen für ein gesundes Raumklima. „Die Umgebindehäuser der Oberlausitz liegen in einem hochwassergefährdeten Gebiet. Der Grundwasserspiegel ist sehr hoch und bei dem hier vorkommenden Starkregen sprudeln schon mal kleine Brunnen auf den Äckern“, beschreibt Rüdiger. So kommt es durchaus vor, dass die Häuser überflutet werden. Für Holz stellt dies grundsätzlich kein Problem dar, solange das Holz nach dem Abfließen des Wassers wieder trocknen kann – was bei traditionellen Umgebindehäusern der Fall ist.
Natürliche Baumaterialien prägen die Umgebindehäuser. Holz spielt dabei die wichtigste Rolle. Anstriche wurden traditionell mit Leinölfarben gemacht, Lehmputz sorgt in den Räumen für ein gesundes Raumklima. „Die Umgebindehäuser der Oberlausitz liegen in einem hochwassergefährdeten Gebiet. Der Grundwasserspiegel ist sehr hoch und bei dem hier vorkommenden Starkregen sprudeln schon mal kleine Brunnen auf den Äckern“, beschreibt Rüdiger. So kommt es durchaus vor, dass die Häuser überflutet werden. Für Holz stellt dies grundsätzlich kein Problem dar, solange das Holz nach dem Abfließen des Wassers wieder trocknen kann – was bei traditionellen Umgebindehäusern der Fall ist.
Im Bild: Ein denkmalgeschütztes Umgebindehaus in Dresden-Pillnitz aus dem 17. Jahrhundert, welches total verfallen war und von Heidelmann & Klingebiel detailgetreu rekonstruiert wurde. Seit 1997 wird es als privates Wohnhaus genutzt
Wie steht es um den Schutz der Häuser?
Die meisten Umgebindehäuser, die es heute noch gibt (in der Oberlausitz noch ca. 6000) wurden im achtzehnten Jahrhundert errichtet. Die Bauweise ist allerdings schon sehr viel älter, die Anfänge reichen bis in das Mittelalter zurück. Kein Wunder also, dass Umgebindehäuser heute alle unter Denkmalschutz stehen. „Wer mit und in einem alten Umgebindehaus leben will, hat keine Probleme mit der Denkmalbehörde“, beruhigt Rüdiger, der selbst Jahre im Denkmalschutz in Stadt und Landkreis Görlitz tätig war. Notwendige Reparaturen, Anpassungen an moderne Wohnvorschriften und Wohnkomfort dürfen durchgeführt werden und die Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde stellt hier keine Schwierigkeiten dar. Der Rückbau von Bausünden wird sogar gerne gesehen und gefördert. Grundsätzlich stehen für die Sanierung der Häuser auch finanzielle Mittel des Denkmalschutzes bereit. Die Stiftung Umgebindehäuser, für die Rüdiger arbeitet, vergibt zusätzlich nach einem Punktesystem Gelder. „Mit knappem Budget wird häufig besser saniert“, meint Rüdiger und rät dazu, die von der Stiftung angebotene Beratung zu nutzen.
Wie steht es um den Schutz der Häuser?
Die meisten Umgebindehäuser, die es heute noch gibt (in der Oberlausitz noch ca. 6000) wurden im achtzehnten Jahrhundert errichtet. Die Bauweise ist allerdings schon sehr viel älter, die Anfänge reichen bis in das Mittelalter zurück. Kein Wunder also, dass Umgebindehäuser heute alle unter Denkmalschutz stehen. „Wer mit und in einem alten Umgebindehaus leben will, hat keine Probleme mit der Denkmalbehörde“, beruhigt Rüdiger, der selbst Jahre im Denkmalschutz in Stadt und Landkreis Görlitz tätig war. Notwendige Reparaturen, Anpassungen an moderne Wohnvorschriften und Wohnkomfort dürfen durchgeführt werden und die Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde stellt hier keine Schwierigkeiten dar. Der Rückbau von Bausünden wird sogar gerne gesehen und gefördert. Grundsätzlich stehen für die Sanierung der Häuser auch finanzielle Mittel des Denkmalschutzes bereit. Die Stiftung Umgebindehäuser, für die Rüdiger arbeitet, vergibt zusätzlich nach einem Punktesystem Gelder. „Mit knappem Budget wird häufig besser saniert“, meint Rüdiger und rät dazu, die von der Stiftung angebotene Beratung zu nutzen.
Wer renoviert und woher kommen die Baustoffe?
„In der Region gibt es viele Handwerksbetriebe, die sich mit den alten Techniken auskennen und etwa Sprossenfenster originalgetreu fertigen“, weiß Rüdiger. Auch im historischen Baustoffhandel findet sich das eine oder andere Stück, wie etwa Läden oder Bodenbeläge, mit denen bei der Renovierung gearbeitet werden kann. Eine französische Barocktapete, wie sie hinter mehreren Schichten alter Tapeten im Sitz der Stiftung in Neugersdorf zum Vorschein kam (Foto oben), gibt es dort allerdings kaum. Ein solches Fundstück ist schon etwas ganz Besonderes.
„In der Region gibt es viele Handwerksbetriebe, die sich mit den alten Techniken auskennen und etwa Sprossenfenster originalgetreu fertigen“, weiß Rüdiger. Auch im historischen Baustoffhandel findet sich das eine oder andere Stück, wie etwa Läden oder Bodenbeläge, mit denen bei der Renovierung gearbeitet werden kann. Eine französische Barocktapete, wie sie hinter mehreren Schichten alter Tapeten im Sitz der Stiftung in Neugersdorf zum Vorschein kam (Foto oben), gibt es dort allerdings kaum. Ein solches Fundstück ist schon etwas ganz Besonderes.
Und wo liegt die Zukunft?
Das Gerücht, Webstühle, die sich früher in fast jedem Haus fanden, seien für die Konstruktion der Umgebindehäuser verantwortlich, hält sich hartnäckig. Der Mythos Umgebindehaus jedenfalls ebbt nicht ab und stellt durchaus eine Chance für ihren Erhalt dar. „Viele Umgebindehäuser werden mittlerweile für Übernachtungsgäste als Ferienhäuser genutzt“, erzählt Rüdiger, der sich für die Region eine sanfte Entwicklung des Individualtourismus gut vorstellen kann. Rüdiger weiß, dass in Polen sogar neue, private Umgebindehäuser gebaut werden. „Vom Baustil sind Umgebindehäuser einfach genial, schon allein weil nur ökologische Baustoffe verwendet werden“, sagt Rüdiger. Laut dem Fachmann wäre der Bau eines Umgebindehauses auch nicht teurer als ein normales Architektenhaus. „Dafür bekommt man ein Haus, das nachhaltig und definitiv nicht von der Stange ist.“
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Was ist ein Umgebindehaus?
Ein einfaches Umgebindehaus besteht aus einer Blockstube, die von einer Holzkonstruktion umfasst ist. Diese Holzkonstruktion, das eigentliche Umgebinde, umschließt die meist aus Balken oder Bohlen konstruierte Blockstube und trägt alles, was darüber liegt – im einfachsten Fall nur das Dach, bei aufwendigeren Gebäuden auch weitere Stockwerke. „Im Grunde kann die Blockstube aus der Umgebindekonstruktion entfernt werden, ohne dass dadurch das ganze Haus einstürzen würde“, erklärt Sven Rüdiger, Projektleiter bei der Stiftung Umgebindehaus.