Houzzbesuch: Das idyllische Zuhause der Krimiautorin Viveca Sten
In einem alten Haus auf einer Schäreninsel vor Stockholm entstehen die mörderischen Krimis der schwedischen Bestseller-Autorin
Auf einer der vielen Schäreninseln vor der Küste Stockholms stehen wir an einem Freitag im frühen Juni am Pier. Außer ein paar Anwohnern und wenigen Besuchern sind noch nicht viele Menschen unterwegs. Ab und zu fährt ein Gabelstapler oder ein Moped vorbei, und ganz allmählich finden sich andere Frühaufsteher ein. Aus der Fähre kommen Passagiere und bewegen sich mit einer gewissen Routine auf die Häuserzeilen zu. Manche bleiben kurz stehen, winken Nachbarn oder Bekannten zu. Aus der Menge tritt die Autorin Viveca Sten und begrüßt gutgelaunt die Freunde, die hier schon auf sie warten. Um sich vor der Morgensonne zu schützen, trägt sie auf dem Kopf einen eleganten Strohhut.
Wir lassen den Hafen hinter uns und begeben uns zwischen einem hübsch gestrichenen Holzzaun und überwältigenden Fliederblüten auf einen Schotterweg, der mit zahlreichen Windungen aufwärts führt. „Hier draußen blüht alles länger! Wenn der Flieder in der Stadt schon die Köpfe hängen lässt, steht er hier auf der Insel noch eine ganze Weile in voller Blüte“, sagt die Schriftstellerin.
Auf einen Blick
Hier wohnen: Die Autorin und Anwältin Viveca Sten, ihr Mann und ihre drei erwachsenen Kinder
In: Sandhamn auf der Insel Sandön im Stockholmer Schärengarten, Schweden
Fotos: Henrik Nero
Hier wohnen: Die Autorin und Anwältin Viveca Sten, ihr Mann und ihre drei erwachsenen Kinder
In: Sandhamn auf der Insel Sandön im Stockholmer Schärengarten, Schweden
Fotos: Henrik Nero
Viveca Sten gehört zur vierten Generation ihrer Familie, die ein Haus auf der Insel besitzt. Ihr Vater und ihr Großvater lebten hier, und auch ihre Tochter und ihre beiden Söhne kennen die Schäreninsel seit ihrer Kindheit.
„Gleich um die Ecke liegt das Familienhaus, das meine Urgroßeltern vor 100 Jahren dem Sohn eines Seemanns abgekauft haben. Es geht etwas Besonderes vor sich, wenn eine Generation nach der anderen am gleichen Ort aufwächst und die Kindheitserinnerungen sich so stark ähneln. Als ich klein war, lief ich im Schlafanzug rüber zur Bäcker. Meine Kinder haben in Großpapas Garten Erdbeeren gepflückt und mit den Kindern meiner Freunde gespielt“, erzählt Sten. Ihre Kriminalromane rund um den Kommissar Thomas Andreasson und dessen Jugendfreundin Nora Linde, mit denen sie seit 2008 erfolgreich ist, spielen ebenfalls größtenteils auf der Schäreninsel.
„Gleich um die Ecke liegt das Familienhaus, das meine Urgroßeltern vor 100 Jahren dem Sohn eines Seemanns abgekauft haben. Es geht etwas Besonderes vor sich, wenn eine Generation nach der anderen am gleichen Ort aufwächst und die Kindheitserinnerungen sich so stark ähneln. Als ich klein war, lief ich im Schlafanzug rüber zur Bäcker. Meine Kinder haben in Großpapas Garten Erdbeeren gepflückt und mit den Kindern meiner Freunde gespielt“, erzählt Sten. Ihre Kriminalromane rund um den Kommissar Thomas Andreasson und dessen Jugendfreundin Nora Linde, mit denen sie seit 2008 erfolgreich ist, spielen ebenfalls größtenteils auf der Schäreninsel.
1998 dann hatten Viveca Sten und ihr Mann Lennart die Gelegenheit, hier selbst ein Haus zu kaufen. „Ich wollte es so gerne haben, aber die Kaufgebote stiegen immer höher. Ich hatte schon fast aufgegeben, aber nach vielen schlaflosen Nächten bekamen wir einen Anruf vom Makler. Er teilte uns mit, dass Frau Forsman, die damalige Besitzerin, sich entschlossen hatte, es uns zu einem Festpreis zu überlassen, weil sie wusste, wer wir waren – sie und mein Vater hatten als Kinder zusammen gespielt. Auch nach dem Anruf konnten wir einige Nächte nicht richtig schlafen – aber diesmal, weil wir so glücklich und aufgeregt waren“, berichtet Sten.
„Als wir einzogen, erwarteten wir gerade unser drittes Kind, und die anderen beiden waren noch so klein. Damals war es sehr lebhaft hier im Haus. Das hat sich wahrscheinlich in der Einrichtung und ihren kräftigen, maritimen Farben niedergeschlagen: Blau, Rot und Weiß. Ein paar Sachen im Haus mussten in Ordnung gebracht werden, also haben wir eine grundlegende Renovierung gemacht, aber der Rest musste noch ein paar Jahre warten“, erinnert sich die Bestseller-Autorin.
„Als wir einzogen, erwarteten wir gerade unser drittes Kind, und die anderen beiden waren noch so klein. Damals war es sehr lebhaft hier im Haus. Das hat sich wahrscheinlich in der Einrichtung und ihren kräftigen, maritimen Farben niedergeschlagen: Blau, Rot und Weiß. Ein paar Sachen im Haus mussten in Ordnung gebracht werden, also haben wir eine grundlegende Renovierung gemacht, aber der Rest musste noch ein paar Jahre warten“, erinnert sich die Bestseller-Autorin.
„2010, als unser jüngster Sohn 12 Jahre alt war, machten wir uns an die größeren Umbauten. Ein Stück vom Putz war heruntergekommen, und bald begannen wir mit einer gründlichen Renovierung. Wenn man erst einmal anfängt, kann man gleich in einem Schwung mehrere Dinge hinter sich bringen. Also bauten wir das Dach neu, machen die Fußböden fertig, versetzten eine Wand, renovierten die Küche und setzten neue Fenster ein. Mir fiel ein altes Buch über Sandhamn in die Hände, in dem zu erkennen war, wie das Haus früher aussah, und ich versuchte, etwas Ähnliches hinzubekommen“, sagt Sten.
Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie Sten heute in diesem Haus ihre Bestseller-Romane schreibt – es ist der perfekte Ort dafür. „Hier fällt es mir leicht, zu arbeiten. Ich stehe um 6 Uhr auf und konzentriere mich den ganzen Tag auf das Schreiben, manchmal arbeite ich auch noch abends. Hin und wieder lege ich eine Pause ein, um ein bisschen spazierenzugehen oder mir einen Kaffee zu machen. Mein Arbeitsplatz ist immer der gleiche: Ich sitze auf einem Stuhl an der kurzen Seite des Esstischs. Von dort aus habe ich einen Blick in den Wintergarten.“
Größere Gäste müssen sich ducken, wenn sie in die Küche gehen, sonst würden sie sich den Kopf am Türrahmen stoßen. „Das Haus wurde in mehreren Bauphasen errichtet, und ich schätze, einige Teile des Gebäude sind mehr als 200 Jahre alt. Wir haben versucht, den Charme der alten Strukturen zu bewahren. Zum Beispiel haben wir uns gegen eine offene Wohnküche entschieden, weil das nicht zum Haus gepasst hätte. Stattdessen haben wir die Küche renoviert, einige Elemente angepasst und anders angeordnet, aber alles im klassischen Stil.“
Von der Küche aus gelangt man durch den Flur oder den Wintergarten ins Wohnzimmer.
Als die umfangreiche Renovierung losging, begann auch im Leben der Familie ein neuer Abschnitt. „Es wurde Zeit, die Einrichtung ruhiger und harmonischer zu gestalten. Ein bisschen cooler und weniger aufdringlich. Ein paar Möbel entdeckten wir auf Auktionen, dazu kamen einige Erbstücke und neue Möbel. Zusammen mit den Dingen, die sich schon im Haus befanden – zum Beispiel den Öfen –, haben wir uns einen ruhiges Zuhause geschaffen, in dem es sich wirklich angenehm lebt“, erzählt Sten.
„Dieses Gemälde hat Lennart im Wohnzimmer aufgehängt. Seine Familie kommt von der Westküste, und das Bild zeigt einen Hafen in dieser Gegend. Ich ziehe ihn immer ein bisschen damit auf. Ich sage ihm, wenn er Sehnsucht nach seiner Heimat hat, kann er sich einfach das Bild anschauen“, sagt Sten.
Auch das Treppengeländer gehört zur ursprünglichen Ausstattung des Hauses. Als Sten und ihr Mann das Haus kauften, befand sich im Obergeschoss eine separate Wohnung, heute befinden sich dort Schlaf- und Kinderzimmer sowie das Bad.
In den Fußboden ist eine kleine Luke eingelassen, die in einen Keller führt.
In den Fußboden ist eine kleine Luke eingelassen, die in einen Keller führt.
Im Bad tüftelte das Ehepaar einige Neuerungen aus. „Während der Umbau schon vor sich ging, kamen wir erst auf manche Ideen. Das Haus ist voller Überraschungen. Unter der Dachschräge neben der Toilette konnten wir noch etwas zusätzlichen Raum schaffen, und die Dusche brachten wir unter, nachdem wir einen Einbauschrank im Nebenzimmer verkleinern konnten. Weil die Duschnische mit Kieselboden vom Rest des Raums getrennt ist, konnten wir die Wände mit einer schönen Holzverkleidung versehen und auch das Waschbecken in eine hölzerne Kommode einbauen“, erläutert Sten.
Auf dem Weg zurück zum Wasser deutet Sten auf die Holzpfähle der Seebrücke, die aus dem Meer auftauchen. Man sieht ihnen an, dass sie einige Jahre auf dem Buckel haben. „Ich finde sie wunderschön. Sie sind ein Stück Geschichte, und sie erinnern mich an eine andere Zeit“, sagt sie.
„Und sie erinnern mich an die Jahreszeiten. Man kann deutlich sehen, wie Winter, Wind und Wetter ihre Spuren auf dem Holz hinterlassen haben. Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Zauber, und hier draußen fallen einem die Unterschiede viel stärker auf. Dadurch wird alles dramatischer. Der Frühling mit seinem magischen Licht ist einfach faszinierend, der Sommer ebenso. Aber ich sehne mich schon nach dem Oktober und dem November – der Zeit, in der man ein Feuer macht und sich eine Tasse Tee kocht. Oder mitten im Winter, wenn der Schnee ganz still daliegt, wie eine weiße Decke. Die Eiszapfen hängen von den Dächern, und die Sonne glitzert auf dem Eis. Doch plötzlich hört man ein Klicken, und im Schatten drückt ein Finger den Abzug … Als Autorin liebe ich Kontraste, und da bin ich offensichtlich nicht die einzige … Von der Dunkelheit, die mitten im Idyll lauert, geht wohl eine gewisse Anziehung aus“, sagt Viveca Sten, vielleicht hat sie schon den nächsten Handlungsstrang für ihren neusten Krimi im Kopf.
„Und sie erinnern mich an die Jahreszeiten. Man kann deutlich sehen, wie Winter, Wind und Wetter ihre Spuren auf dem Holz hinterlassen haben. Jede Jahreszeit hat ihren eigenen Zauber, und hier draußen fallen einem die Unterschiede viel stärker auf. Dadurch wird alles dramatischer. Der Frühling mit seinem magischen Licht ist einfach faszinierend, der Sommer ebenso. Aber ich sehne mich schon nach dem Oktober und dem November – der Zeit, in der man ein Feuer macht und sich eine Tasse Tee kocht. Oder mitten im Winter, wenn der Schnee ganz still daliegt, wie eine weiße Decke. Die Eiszapfen hängen von den Dächern, und die Sonne glitzert auf dem Eis. Doch plötzlich hört man ein Klicken, und im Schatten drückt ein Finger den Abzug … Als Autorin liebe ich Kontraste, und da bin ich offensichtlich nicht die einzige … Von der Dunkelheit, die mitten im Idyll lauert, geht wohl eine gewisse Anziehung aus“, sagt Viveca Sten, vielleicht hat sie schon den nächsten Handlungsstrang für ihren neusten Krimi im Kopf.
Am Tag unseres Besuchs ist der Ort ruhig, doch im Sommer ist Sandhamn ein äußerst beliebtes Urlaubsziel für Segler und Touristen. Die meisten der jährlich etwa 100.000 Besucher kommen, um hier den schwedischen Sommer zu genießen. In den vergangenen Jahrhunderten hat Sandhamn vor allem ein bürgerliches Publikum, Personen aus dem Kulturleben und Seefahrer angezogen, doch ursprünglich hatte der Hafen andere wichtige Funktionen: Hier befanden sich eine Lotsenstation und eine Niederlassung der Zollbehörde.
„Die Zeiten ändern sich. Die Lotsenstation und das Zollamt wurden schon vor langer Zeit geschlossen. Jetzt ist es der Tourismus, der Sandhamn am Leben hält. Ich bin dankbar dafür, dass ich einen Sommer nach dem anderen hier verbringen durfte, und ich möchte der Insel zurückgeben, so viel ich kann. Durch meine Romane interessieren sich viele Menschen dafür, wie es hier aussieht, und das hatte einige positive Folgen. Ich freue mich, dass ich durch die Bücher dazu beitragen konnte“, sagt Sten.
In Deutschland erscheinen die Bücher von Viveca Sten beim Verlag Kiepenheuer & Witsch
Mehr Wohngeschichten aus Skandinavien lesen
In Deutschland erscheinen die Bücher von Viveca Sten beim Verlag Kiepenheuer & Witsch
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