Houzzbesuch: Nostalgie in der Normandie – in einer ehemaligen Molkerei
Wo einst eine Bauernfamilie mit Vieh lebte, hat sich eine Psychologin ein gemütliches Nest geschaffen. Sie wohnt mit den Spuren der Zeit
Vom Kamin, der früher als Kochstelle genutzt wurde, über das alte Fachwerk bis zu den schweren Holztüren – wohin man auch schaut, überall sieht man die Spuren der Zeit in dieser ehemaligen Molkerei. Vor langer Zeit lebte hier eine Bauernfamilie mit Vieh, seit vielen Jahren aber Tatou, eine pensionierte Psychologin – mit ihrer Hündin Nina und der Katze Milo, die Kinder sind schon aus dem Haus. Das lange, schmale Gebäude ist typisch für die Normandie (diese Art von Bauernhäusern werden hier longère genannt). Im Laufe der Jahre war es zu einem Mehrfamilienhaus umgebaut worden. Dabei bekam es rückseitig einen Anbau und der ehemalige Heuspeicher unterm Dach wurde in Wohnraum umgewandelt. Trotz der Um- und Anbauten hat das alte Gebäude nichts von seinem ursprünglichen Charme eingebüßt – im Gegenteil, es hat durch Tatous liebevolle Einrichtung noch mehr davon.
Auf einen Blick
Hier wohnt: Tatou, ihre Hündin Nina und die Katze Milo
In: Montivilliers, Haute-Normandie, Frankreich
Auf: 150 Quadratmetern
Fotos: Jours & Nuits
Auf einen Blick
Hier wohnt: Tatou, ihre Hündin Nina und die Katze Milo
In: Montivilliers, Haute-Normandie, Frankreich
Auf: 150 Quadratmetern
Fotos: Jours & Nuits
Tatou und ihre gutmütige Berner Sennenhündin Nina öffnen uns die Tür zu ihrem urgemütlichen Refugium, in das man sich gemütlich zurückziehen kann, wenn es mal wieder regnet – wie so oft in der Normandie: „Hier ändert sich das Wetter andauernd, so schnell kann man gar nicht gucken.“
Im Eingangsbereich bereitet ein jadegrüner Frosch einen freundlichen Empfang. Die alten Tomette-Fliesen aus Terrakotta verleihen diesem Bereich eine warme Note. An der Eingangstür, die die Eigentümer maßanfertigen ließen, hat die für die Normandie typische hohe Luftfeuchtigkeit bereits ihre Spuren hinterlassen.
Gleich dahinter gelangt man in die offene Wohnküche. Die beeindruckenden Bäume im Garten vor dem Haus sind zwar wunderschön, nehmen aber auch viel Licht weg. Daher wurden bei der Sanierung große, sprossenlose Holzfenster eingebaut – man fühlt sich der Natur wunderbar nah.
Die Küchenmöbel wurden rund um Spülbecken, Heizkörper und Elektrogeräte herum auf Maß gefertigt – so dass in der Raummitte viel Freifläche bleibt.
Die Küchenmöbel wurden rund um Spülbecken, Heizkörper und Elektrogeräte herum auf Maß gefertigt – so dass in der Raummitte viel Freifläche bleibt.
Die Triebe und Ableger der Papyrus-Staude und jede Menge Sukkulenten, die Tatou zieht, fühlen sich hinter der Glasscheibe sichtlich wohl.
In diesem antiken normannischen Kleiderschrank sind Serviergeschirr und Küchenutensilien in praktischer Nähe zum Esstisch untergebracht. Auf dem Tisch stehen schon die Körbe für die nächste Pilz-Ernte auf den umliegenden Wiesen bereit,auch eine Käseglocke aus Korbweide wartet auf ihren Einsatz. An der Wand häng eine Collage aus Familienfotos
Tatou stellt das ganze Jahr über Erdbeermarmelade und Himbeer-Gelee her, und natürlich auch Apfel- und Birnenkompott – typisch für die Gegend, die auch für Cidre und Poiré berühmt ist.
Vom Esszimmer aus gelangt man durch einen schmalen Flur ins Bad – früher war der Raum ein Schlafzimmer, aber als die Familie größer wurde, ließen die Eigentümer es umbauen. Die ehemalige, viel zu kleine Sitz-Wanne wurde durch ein größeres Modell ersetzt, und eine Dusche eingebaut. Heute wirken die Keramikfliesen in Smaragdgrün und Ultramarinblau vielleicht ein bisschen altbacken, aber in den Siebzigerjahren waren sie der letzte Schrei. Auch hier wurde ein neues, großes Schiebefenster eingebaut (das gleiche Modell wie in der Küche). Der Metallgriff mit Kugelkopf erinnert an den Schalthebel einer alten 2CV-Ente.
Die Türen und Fronten der Badezimmermöbel sind secondhand – genau wie diese Flügeltür, hinter der sich ein großer begehbarer Einbauschrank befindet.
Die alte Eichenholztür, die in ein kleines, gemütliches Schlafzimmer führt, ist noch original. Der Metallbeschlag auf Hüfthöhe dient zum Zuziehen der Tür.
Auch dieses gemütliche, holzvertäfelte Zimmerchen atmet Geschichte, erinnert fast ein wenig an ein altes Schlafwagenabteil. Wenn die Sonnenstrahlen durchs Fenster auf das schmiedeeiserne Bett aus dem frühen 20. Jahrhundert fallen und einem der Geruch alter Bücher und Erinnerungsstücke entgegenweht, wird einem ganz nostalgisch ums Herz. In den vielen kleinen Schubladen der Kommode, die aus der ehemaligen Familiendruckerei stammt, versteckt sich bestimmt der ein oder andere Schatz …
Dunkelblaue Samtvorhänge schmücken das maßgefertigte Fenster (das gleiche Modell wie in Küche und Bad, mit dem abgerundeten Kugelkopf-Griff) – es komplettiert den Schlafwagen-Look. Zwei Nackenrollen mit Blumenmusterbezug verwandeln das Bett in eine gemütliche Leseecke.
Ein paar Stufen weiter befinden wir uns wieder im Hauptteil des Hauses, am Fuße der majestätischen Treppe. Genau wie die alten Tomette-Fliesen war sie ursprünglich im Herrenhaus eines wohlhabenden Kaffee-Unternehmers der Region verbaut. (Le Havre war früher der größte Kaffee-Importhafen Europas, was der Stadt Reichtum und Wohlstand einbrachte!)
Ein altes Schreibpult aus einer Druckerei steht Seite an Seite mit dem Familien-Klavier.
Ein altes Schreibpult aus einer Druckerei steht Seite an Seite mit dem Familien-Klavier.
Das Schlafzimmer am oberen Ende der Treppe wird ganz von dem offen liegenden Fachwerk dominiert. Die Lehmwände wurden in einem sanften Altrosa gestrichen, ein schöner Kontrast zu den dunklen Balken. Das unregelmäßige Dreieck unter den Dachschrägen ist wahrlich die ideale Nische für ein gemütliches Bett!
Ein weiterer Blickfang ist die imposante Leuchte mit Glasglocken und einem Lampenschirm aus wertvollem Stoff, die in den offen sichtbaren Balken verankert ist.
Ein weiterer Blickfang ist die imposante Leuchte mit Glasglocken und einem Lampenschirm aus wertvollem Stoff, die in den offen sichtbaren Balken verankert ist.
In der deckenhohen Regalwand aus aufgearbeitetem, lackierten Holz hat Tatou ihre umfangreiche Sammlung antiquarischer Bücher und Lexika untergebracht. Die Gitarre besitzt sie schon ewig, hat sie sich als junges Mädchen gekauft. Damals war sie ein riesiger Fan von Jazz und Gypsy-Musik.
Das Dachgeschoss war früher ein großer offener Raum, der ursprünglich als Heulager genutzt wurde. Unter der Dachschräge wurde ein sich über die gesamte Flurlänge erstreckender Einbauschrank integriert. Das alte Parkett knirscht und knarzt ganz heimelig bei jedem Schritt.
Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich dieses kleine Schlafzimmer mit einem winzigen Gaubenfenster, durch das kaum Tageslicht in den Raum kommt. Freigelegte Balken verleihen auch diesem Raum seinen besonderen Charme. Die Korkverkleidung an der Wand ist ein Relikt aus der Zeit, als die Kinder noch hier wohnten. Die Eigentümer brachten sie an, damit diese jederzeit ihre Poster aufhängen konnten.
Dank Zentralheizung und Kamin wird es hier oben schön warm, was vor allem Katze Milo sehr zu schätzen weiß. Sie macht es sich hier am liebsten zwischen Kissen und Decken gemütlich – tagsüber auf dem Sessel, nachts im Bett.
Zurück im Erdgeschoss gelangen wir durch eine Glastür in ein kleines Arbeitszimmer mit Blick in den Garten. Alle Möbelstücke sowie Hocker, Kisten und Schubladen stammen aus der ehemaligen Druckerei.
Die kleine Holzkatze steckt neugierig ihren Kopf aus dem Bücherregal. Sie ist bestimmt genauso fasziniert wie wir von all den vielen kleinen liebevollen Details und Accessoires, die überall im Raum verteilt sind –darunter große Glaskugeln, die von den Fischernetzen am Hafen stammen.
Die pensionierte Psychologin Tatou ist eine große Leseratte und verbringt gerne viel Zeit mit einem guten Buch vor dem Kamin, immer auf der Suche nach neuen Autoren.
Hündin Nina macht es sich derweil zu ihren Füßen bequem. Auf der großen Marmorsteinplatte vor dem Kamin kann sie bequem die Beine hochlegen. Die Rückwand aus Gusseisen speichert die Wärme des Feuers über mehrere Stunden und gibt sie nach und nach in den Raum ab.
An den Haken des Feuerbocks kann ein Grill befestigt werden – genau so hat man früher das Kaminfeuer nicht nur zum Heizen, sondern auch zum Kochen genutzt. In dem großen Kamin konnte man auch sehr dicke Holzscheite verbrennen und so eine Glut erzeugen, auf der man perfekt Schmorgerichte zubereiten konnte.
Türen und Fenster des alten Bauernhauses sind mit antiken Glasscheiben versehen, die einen leicht verschwommenen Blick in den Garten freigeben. Die Holzbank stammt aus Nordafrika, wo Tatou ursprünglich herkommt. In dem alten Geschirrschrank (ein Familienerbstück von ihrer Großmutter, Maman Fenouille) sind Servierplatten und Schüsseln untergebracht.
Und da die Normandie ohne Regen nur halb so schön ist, stehen bei Tatou immer Gummistiefel in verschiedenen Größen für Besucher bereit, die den auf den feuchten Wiesen einen Besuch abstatten wollen. Hier in der Normandie genießt man das – genau wie die Uhren, die eben einen Tick langsamer gehen.
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor, aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
In unserer Rubrik „Houzzbesuch“ stellen wir spannende Projekte der Houzz-Experten vor, aber auch originelle Wohnungen von Privatleuten. Ihr Projekt oder Ihr Zuhause passt perfekt? Dann schreiben Sie uns – und schicken Sie am besten ein paar Fotos mit!
Als Tatou das Gebäude 1970 kaufte, wurde es umfassend saniert und komplett neu strukturiert. Dabei wurden unter anderem Lüftungsschlitze in die Lehmwände eingebracht, damit der Lehm besser atmen kann. Außerdem wurden die Fußböden im Erdgeschoss angeglichen – und die Kaninchen- und Hühnerställe, die direkt im Haus untergebracht waren, mussten weichen.