Wie geht zukunftsgerechtes Wohnen?
Einfamilien- oder Mehrparteienhaus? Stadt oder Land? Mini oder große Wohnung? Meinungen von Profis zusammengetragen
Wohnen ist so verschieden wie die Menschen selbst. Jeder und jede hat eine Vorstellung davon, einen Wunsch, wie die optimale Wohnumgebung aussehen sollte. Aber ist es wirklich so einfach? Geht es nur um Stadt oder Land, Wohnung oder Haus, Eigentum oder Miete? Oder geht es nicht eigentlich um ein gutes Leben? Und wenn ja, wie stark ist es vom Wohnen beeinflusst und was können wir dafür tun? Die Fragen sind umfangreich, die Diskussionen darüber vielfältig. Wir haben ein paar Positionen zusammengetragen.
Allerdings muss dann auch Wohnraum für Seniorinnen und Senioren zur Verfügung stehen, der ebenfalls über einen Umbau angepasst werden kann. Wie ein Beispiel im Frankfurter Nordend zeigt.
Mehr Freifläche durch weniger Wohnfläche. In der Diskussion ums Wohnen taucht immer wieder die Konfliktlinie zwischen Stadt und Land auf. Oder besser: zwischen Freiraum und Flächenversiegelung.
Dazu sagt Markus Wassmer von Knopp Wassmer Architekten: „Bei Einfamilienhäusern stellt sich schon aufgrund ihres Ressourcenverbrauchs die Frage, wie nachhaltig sie sein können. Nachhaltigkeit ist für uns neben der technischen vor allem eine typologische beziehungsweise städtebauliche Frage.“
Oder wie es Architektin Lisa Wameling von BCO Architekten ausdrückt: „Das Kosten-Flächen-Verhältnis ist bei Mehrfamilienhäusern besser, auch ökologisch gesehen. Denn Einfamilienhäuser verbrauchen pro Wohneinheit mehr Fläche und mehr Energie.“ Gerade die Freifläche ist es aber, die mit jedem neu gebauten Haus verschwindet. Anders gesagt: Wer noch vor zehn Jahren am Stadtrand gebaut hat, findet sich heute meist in einem Häusermeer wieder.
Dazu sagt Markus Wassmer von Knopp Wassmer Architekten: „Bei Einfamilienhäusern stellt sich schon aufgrund ihres Ressourcenverbrauchs die Frage, wie nachhaltig sie sein können. Nachhaltigkeit ist für uns neben der technischen vor allem eine typologische beziehungsweise städtebauliche Frage.“
Oder wie es Architektin Lisa Wameling von BCO Architekten ausdrückt: „Das Kosten-Flächen-Verhältnis ist bei Mehrfamilienhäusern besser, auch ökologisch gesehen. Denn Einfamilienhäuser verbrauchen pro Wohneinheit mehr Fläche und mehr Energie.“ Gerade die Freifläche ist es aber, die mit jedem neu gebauten Haus verschwindet. Anders gesagt: Wer noch vor zehn Jahren am Stadtrand gebaut hat, findet sich heute meist in einem Häusermeer wieder.
Gemeinsam sparsamer wohnen. Es gibt zahlreiche Argumente für das Wohnen in Mehrparteienhäusern als sinnvollere Alternative. Das deutete beispielsweise Ministerin Geywitz an, als sie in der taz betonte: „Wenn wir Klimaschutzziele erreichen wollen, brauchen wir ein Umdenken im Wohnbereich, also mehr gemeinsam statt alles meins.“
Kleinere Wohnungen und viele Gemeinschaftsräume sparen zudem insgesamt Energiekosten. Ein Verzicht auf Mitbestimmung bei der Gestaltung des eigenen Wohnraums muss das nicht bedeuten, wie das Bauen in Baugemeinschaften belegt.
Kleinere Wohnungen und viele Gemeinschaftsräume sparen zudem insgesamt Energiekosten. Ein Verzicht auf Mitbestimmung bei der Gestaltung des eigenen Wohnraums muss das nicht bedeuten, wie das Bauen in Baugemeinschaften belegt.
Aus wenig Fläche viel Raum schaffen. Architektinnen und Architekten können Baufamilien durchaus dabei unterstützen, ihren Raumbedarf realistisch einzuschätzen. „Ich stelle meinen Baufamilien immer die Frage nach ihrem Wohnraumbedarf. Mit einem gut geschnittenen Grundriss reichen sechzig bis achtzig Quadratmeter für vier Personen aus“, so Dag Schaffarczyk, der mit seinem Büro Spreeplan ökologische Bauprojekte realisiert.
Schöne Architektur besteht länger. Langlebige Häuser sind nachhaltiger. Um aber gerne darin zu wohnen, müssen sie auch einen ästhetischen Anspruch erfüllen. „Die Standard-Sechs-Familien-Satteldach-Häuser, eines nach dem anderen, mit einer Feuerwehrdurchfahrt dazwischen, die fantasielosen Reihenhauszeilen, diese unendliche Einfältigkeit und Tristesse, die darf nicht mehr sein. Gebaute Umwelt muss schön sein, muss Lust machen“, so Architekt Werner Sobek in einem Interview 2022 mit der Welt. Dabei geht es dem Mitbegründer der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen nicht nur um die bloße Schönheit der Architektur, sondern um die damit verbundene Nachhaltigkeit: „Wenn Leute ihre Häuser lieben, dann pflegen sie sie auch.“
Umwelt- und klimagerechte Baustoffe. Angesichts des großen Ressourcenverbrauchs und der enormen CO₂-Belastung durch die Bauwirtschaft wird der mittlerweile stark strapazierte Begriff der Nachhaltigkeit auch hier immer wieder aufgegriffen. Vor allem im Zusammenhang mit der Bauweise und den Baustoffen. Denn in die CO₂-Bilanz eines Gebäudes wird noch zu selten die Herkunft und Produktion der Baustoffe einbezogen, und an den beim Abriss entstehenden Bauschutt erst gar nicht gedacht. Sobek fordert: „Wir müssen recyclinggerechter konstruieren, damit wir nicht heute den Sondermüll von morgen bauen. Und wir müssen endlich die Emissionen betrachten, die bei der Herstellung, dem Betrieb und beim Um- und Rückbau der Gebäude entstehen.“
Konkreter benennt es Schaffarczyk: „Baustoffe sollten umgenutzt werden können, trennbar und wiederverwendbar sein. Das schließt Verbundwerkstoffe von vornherein aus.“ Im Sinne des ganzheitlichen Bauens und der Kreislauffähigkeit können ganz unerwartete Baustoffe interessant werden.
„Nachhaltiges Bauen bedeutet auch, das Material in Kreisläufen zu halten. Die CO₂-Bilanz von Stahl wird immer wieder negativ bewertet, weil nur die Herstellung betrachtet wird. Dabei wird übersehen, dass Stahl immer wieder verwertet werden kann und unter diesem Gesichtspunkt durchaus nachhaltig ist“, erläutert Jürgen Lehmeier vom büro für bauform.
„Nachhaltiges Bauen bedeutet auch, das Material in Kreisläufen zu halten. Die CO₂-Bilanz von Stahl wird immer wieder negativ bewertet, weil nur die Herstellung betrachtet wird. Dabei wird übersehen, dass Stahl immer wieder verwertet werden kann und unter diesem Gesichtspunkt durchaus nachhaltig ist“, erläutert Jürgen Lehmeier vom büro für bauform.
Weniger Verkehr durch kürzere Wege. Mobilität stellt für unsere heutige Welt eine weitere Herausforderung dar. Wer sich die Zahlen der täglichen Berufspendler:innen anschaut, wird sich mancherorts verwundert die Augen reiben. Denn der Pendlerstrom ist längst keine Einbahnstraße, wie ein Blick in den Pendleratlas belegt. Dabei bleibt wortwörtlich viel Zeit auf der Strecke.
Kein Wunder also, dass der Trend wieder zu einer Verdichtung geht, zur von der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo geforderten 15-Minuten-Stadt. „Wir sollten uns die Frage stellen, ob wir Gewerbe und Wohnen, Natur und Kultur wirklich trennen wollen“, bringt es Architekt Van Bo Le-Mentzel auf den Punkt. Und Lehmeier unterstreicht: „Beliebte städtische Viertel leben vom Angebot vor der Haus- oder Wohnungstür.“ Umso schöner, wenn dann für alle ausreichend Platz ist und ein Miteinander entsteht.
Kein Wunder also, dass der Trend wieder zu einer Verdichtung geht, zur von der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo geforderten 15-Minuten-Stadt. „Wir sollten uns die Frage stellen, ob wir Gewerbe und Wohnen, Natur und Kultur wirklich trennen wollen“, bringt es Architekt Van Bo Le-Mentzel auf den Punkt. Und Lehmeier unterstreicht: „Beliebte städtische Viertel leben vom Angebot vor der Haus- oder Wohnungstür.“ Umso schöner, wenn dann für alle ausreichend Platz ist und ein Miteinander entsteht.
Mehr Grün für alle. Langfristig besser leben, bedeutet auch, sich an den Klimawandel anzupassen und gleichzeitig Klimaschutz zu betreiben. Das fordert auch die Bauingenieurin Lamia Messari-Becker immer wieder, wie in einem Interview im August 2021 mit dem Handelsblatt: „Wenn ich Grünflächen einplane, tue ich sowohl etwas für die CO₂-Bilanz als auch für Schutz vor Starkregen. Es geht Hand in Hand.“ Die Anpassung wird sich auf das Wohnen auswirken und es verändern.
So meint etwa Lehmeier: „Mit Sickerflächen für Starkregen und zur Kühlung entsteht eine neue Architektur, die die Lebensqualität in einer Stadt oder Gemeinde insgesamt erhöhen kann.“ Vielleicht wird dann der Umzug aufs Land überflüssig, von dem sich viele Menschen eine stärkere Verbindung zur Natur und mehr frische Luft versprechen. Aber eigentlich wäre das ja schon heute möglich. „Ein eigener Garten oder Freiraum ist auch bei einem Mehrfamilienhaus möglich“, erklärt Wameling.
Welche Vorstellung haben Sie vom zukunftsgerechten Wohnen? Kommentieren Sie gerne und schreiben Ihre Meinung zum Thema!
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Bundesbauministerin Klara Geywitz wünscht sich beispielsweise in einem Interview mit der taz im April 2022 einen anderen Nutzungszyklus. Sie sagt: „Es ist ökonomisch und ökologisch unsinnig, wenn jede Generation neue Einfamilienhäuser baut und anfangs auf 150 Quadratmetern zu fünft lebt, aber dann ziehen die Kinder aus und das Haus schrumpft in dem Moment nicht.“ Ein schnellerer Generationenwechsel in Einfamilienhaussiedlungen könnte die Lösung sein, verbunden mit Umbauten.