Guter Wohnstoff: Tapeten mit Heuduft & kompostierbare Vorhänge
Nachhaltige Materialien sind DER Trend auf der Wohn-Stoffmesse Heimtextil. Doch nicht alles Nachhaltige ist auch gut
Zum 50. Jubiläum 2020 feiert die weltweit größte Messe für Heimtextilien in Frankfurt am Main ihre erfolgreiche Geschichte, blickt aber vor allem in die Zukunft: Mit neuen Dekostoffen, trendigen Tapeten und schicken Wohntextilien, die unser Zuhause aufmöbeln sollen. Wichtigstes Thema dabei: Nachhaltigkeit. Dieses Etikett hatten sich viele Aussteller in diesem Jahr auf ihre Produktneuheiten geklebt, sogar die Heimtextil-Messe selbst mit einem neuen Nachhaltigkeitsmanifest.
Deko-, Polster- und Vorhangstoffe, Decken, Kissenhüllen, Bettwäsche, Handtücher, Tapeten – über 3000 Aussteller zeigen auf der Heimtextil 2020 Neuheiten rund ums textile Wohnen, wie hier am Stand von Hafizia Arts & Crafts aus Indien. Das Thema Nachhaltigkeit zog sich wie ein roter Faden durch die Messehallen
Ein Team aus Trend- und Farbexperten hat für die Heimtextil ein begehbares Trendbuch mit fünf Themenwelten aus Produkten der Aussteller gestaltet
Das ist gut so! Denn: „Textilmüll ist nicht nur ein Problem der Modebranche“, sagt Amy Radcliffe in ihrem Vortrag „Radical Matter: Rethinking Materials for a Sustainable Future“. „Die gesamte Textilbranche muss verantwortlicher wirtschaften. Und wir alle müssen mehr darüber nachdenken, welche Materialien wir in unserem Zuhause haben wollen und wie wir mit ihnen umgehen. Unser bisheriges Verhalten ist nicht länger akzeptabel. Während uns die Rohstoffe ausgehen, produzieren wir enorme Abfallmengen“, so Radcliffe weiter.
Das ist gut so! Denn: „Textilmüll ist nicht nur ein Problem der Modebranche“, sagt Amy Radcliffe in ihrem Vortrag „Radical Matter: Rethinking Materials for a Sustainable Future“. „Die gesamte Textilbranche muss verantwortlicher wirtschaften. Und wir alle müssen mehr darüber nachdenken, welche Materialien wir in unserem Zuhause haben wollen und wie wir mit ihnen umgehen. Unser bisheriges Verhalten ist nicht länger akzeptabel. Während uns die Rohstoffe ausgehen, produzieren wir enorme Abfallmengen“, so Radcliffe weiter.
Innerhalb der Trendausstellung, kuratiert vom Stijlinstituut Amsterdam, dem Londoner Studio FranklinTill und der dänischen Agentur SPOTT, wurde eine Materialbibliothek mit innovativen, nachhaltigen Fasern präsentiert
Eine Lösung: Abfälle als Ressource
Wie der gute Stoff der Zukunft, alternative Produktionssysteme und Materialkreisläufe aussehen können, zeigen innovative Designer und Produzenten in der Materialausstellung „Future Material Library“. Konzipiert wurde sie von der Londoner Trendagentur FranklinTill, zu dessen Team auch Amy Radcliffe gehört. Dort unter anderem zu sehen:
Eine Lösung: Abfälle als Ressource
Wie der gute Stoff der Zukunft, alternative Produktionssysteme und Materialkreisläufe aussehen können, zeigen innovative Designer und Produzenten in der Materialausstellung „Future Material Library“. Konzipiert wurde sie von der Londoner Trendagentur FranklinTill, zu dessen Team auch Amy Radcliffe gehört. Dort unter anderem zu sehen:
- Materialien, die einfach wie Obst oder Gemüse wachsen. Beispielsweise Malai: Ein Material, das im Labor von Bakterien produziert wird, die mit Abfall-Kokoswasser „gefüttert“ werden. Nach einem Veredelungs- und Trocknungsprozess entsteht eine Art Zellstoff, der je nach Veredelung an reißfestes Papier oder Kunstleder erinnert (Foto oben).
- Die Firma Faber Futures nutzt Bakterien, die natürliche Farbpigmente produzieren, um Stoffe wasserschonender und ohne giftige Chemikalien zu färben. Das Ergebnis sehen Sie im Foto.
- Auch aus Lebensmittelabfällen lassen sich neue Stoffe entwickeln. Orange Fiber wird aus Orangenresten gesponnen, die bei der Saftproduktion übrig bleiben. Bisher wurden daraus nur Stoffe für die Modebranche gewebt. Praktisch ließen sich aus dem Orangengarn auch zarte Vorhang- und Dekostoffe produzieren.
- Sprichwörtlich die Natur ins Haus holt sich, wer auf die Produkte von Organoid setzt. Die österreichische Firma presst Heu, Wildblumen oder Moos zu einer hauchdünnen Schicht, die dann auf ein Trägermaterial wie Flachsvlies, Spanplatten oder Klebefolien aufgebracht wird. Eine Heu-Tapete ist wohngesund und bietet nicht nur ein optisches und haptisches, sondern auch ein olfaktorisches Erlebnis: Sie duftet tatsächlich nach Wildblumen und Heu. „Die Dauer des Dufts der Oberflächen ist stark vom eingesetzten Rohmaterial abhängig, aber auch vom Einsatzort, also Schlafzimmer versus Shoppingcenter sowie vom persönlichen, subjektiven Empfinden. Jede Nase ist anders“, erzählt uns Geschäftsführer Martin Jehart. „Der Duft unserer stark duftenden Oberflächen hält einige Monate bis Jahre. Genauer lässt sich das leider nicht bestimmen.“
Fasern und Stoffe aus recyceltem Plastik waren allgegenwärtig auf der Heimtextil, wie hier am Stand des spanischen Textilherstellers Hispano Tex
Recycling ist gut, kein Müll ist besser
Viele Hersteller sind aufgewacht: Materialien aus recycelten Plastikflaschen oder Textilabfällen sehen die Heimtextil-Besucher ohne Ende. Das schützt limitierte natürliche Ressourcen, weil aus Müll neues entsteht, ist aber nicht unbedingt immer umweltfreundlich. Denn Chemikalien und viel Energie sind nötig, damit aus Plastikabfall textile Fasern entstehen.
Der Hersteller Deco Design Fürus aus Krefeld geht einen anderen Weg. Sieben Jahre hat Firmeninhaber Manuel Schweizer an einer Methode geforscht, die über übliche Recyclingverfahren hinausgeht. Letztendlich ist der Textilexperte auf das Cradle to Cradle-Prinzip gestoßen. Dabei entsteht erst gar kein Müll.
Recycling ist gut, kein Müll ist besser
Viele Hersteller sind aufgewacht: Materialien aus recycelten Plastikflaschen oder Textilabfällen sehen die Heimtextil-Besucher ohne Ende. Das schützt limitierte natürliche Ressourcen, weil aus Müll neues entsteht, ist aber nicht unbedingt immer umweltfreundlich. Denn Chemikalien und viel Energie sind nötig, damit aus Plastikabfall textile Fasern entstehen.
Der Hersteller Deco Design Fürus aus Krefeld geht einen anderen Weg. Sieben Jahre hat Firmeninhaber Manuel Schweizer an einer Methode geforscht, die über übliche Recyclingverfahren hinausgeht. Letztendlich ist der Textilexperte auf das Cradle to Cradle-Prinzip gestoßen. Dabei entsteht erst gar kein Müll.
Die Kollektion OceanSafe des Herstellers Deco Design Fürus erhielt als erster Textilhersteller überhaupt das Cradle to Cradle Zertifikat in Gold. Es wird unabhängig verliehen und kann nicht gekauft werden, wie viele andere Nachhaltigkeitslabel. Die Anforderungen, um es zu erhalten, sind besonders hoch, weil der gesamte Produkt- und Herstellungszyklus durchleuchtet wird
Auf der Heimtextil hat Deco Design Fürus unter dem Label OceanSafe erstmals eine kleine Kollektion bestehend aus Bettwäsche, Handtüchern, Vorhängen und Dekostoffen vorgestellt. Die haben nicht nur Bioqualität, sondern sind sogar kompostierbar. Nach Gebrauch landen OceanSafe-Produkte nicht im Müll oder werden aufwendig recycelt, sondern von Mikroorganismen in Biomasse zurückverwandelt. Praktisch würde das sogar in der Erde oder im Ozean passieren. Das Problem der miserablen Verrottung von Plastik wurde hier gelöst. Selbst aus Erdöl produzierte OceanSafe-Kunstfasern zersetzen sich in diesem biologischen Kreislauf. Die Nährstoffe, die man sogar essen könnte, wie man uns bestätigt, sind dann wieder die Basis für neue Vorhänge und Bettbezüge. „Kommen am Anfang nur gute Inhaltsstoffe hinein, kommen am Ende auch wieder gute heraus“, erklärt Manuel Schweizer das ganz simpel.
Auf der Heimtextil hat Deco Design Fürus unter dem Label OceanSafe erstmals eine kleine Kollektion bestehend aus Bettwäsche, Handtüchern, Vorhängen und Dekostoffen vorgestellt. Die haben nicht nur Bioqualität, sondern sind sogar kompostierbar. Nach Gebrauch landen OceanSafe-Produkte nicht im Müll oder werden aufwendig recycelt, sondern von Mikroorganismen in Biomasse zurückverwandelt. Praktisch würde das sogar in der Erde oder im Ozean passieren. Das Problem der miserablen Verrottung von Plastik wurde hier gelöst. Selbst aus Erdöl produzierte OceanSafe-Kunstfasern zersetzen sich in diesem biologischen Kreislauf. Die Nährstoffe, die man sogar essen könnte, wie man uns bestätigt, sind dann wieder die Basis für neue Vorhänge und Bettbezüge. „Kommen am Anfang nur gute Inhaltsstoffe hinein, kommen am Ende auch wieder gute heraus“, erklärt Manuel Schweizer das ganz simpel.
CO2-Preis für Möbel und Wohndeko?
Die Trendforscherin Anja Bisgaard Gaede fasst den grünen Zeitgeist, der die neue Dekade beeinflussen wird, in ihrem Heimtextil-Vortrag unter dem Phänomen „Climate Consumerism“ zusammen: „Ja, Verbraucher beginnen, umzudenken und mehr Verantwortung für unsere Umwelt zu übernehmen. Die Hersteller reagieren darauf mit innovativen, umweltverträglicheren Materialien“, sagt sie und fragt, „aber wäre es dann nicht auch logischer, den Preis für Produkte auch an ihrem CO2-Abdruck zu bemessen?“ Was Bisgaard Gaede meint: Produkte, die die Umwelt weniger oder gar nicht belasten, sind günstiger als umweltschädliche. Derzeit läuft das leider noch umgekehrt.
Deshalb: Bis das Carbon-Preisschild irgendwann auf Möbeln und Wohn-Accessoires kleben wird, achten wir immerhin in unserem Zuhause mehr auf ökologisch guten Stoff. Hoffentlich! Unserer Umwelt zuliebe.
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Achten Sie bereits auf nachhaltige Materialien bei Wohntextilien?
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