Ein Haus günstig gebaut mit Materialien aus dem Industriebau
Traditionelle Bauform, günstig umgesetzt: Mithilfe von Trapezblech und Polycarbonat entstand ein großes Einfamilienhaus
Mit einem Budget von 300.000 Euro kamen die Bauherren zu den Nürnberger Architekten vom Büro für Bauform. Im Gepäck hatten sie die Bauvorgaben für das innerstädtische Gebiet von Pirna: Die Traufhöhe des Wohnhauses musste mindestens 5 Meter betragen, die der Garage 3 Meter. Ein Flachdach wäre zwar möglich gewesen, doch dann hätte das Haus in seiner Umgebung wie ein Fremdkörper gewirkt. Die Architekten suchten also nach anderen Wegen, Kosten zu sparen. Fündig wurden sie im Industriebau – denn dort entstehen großflächige Gebäude, die auf den Quadratmeter berechnet wenig kosten dürfen. Mit Polycarbonat, Trapezblech und viel Denkarbeit ist ein dreiteiliges Haus entstanden, dessen reine Baukosten sogar unter der Budgetvorgabe liegen.
Auf einen Blick
Hier wohnt: eine Familie mit einem Kind
Auf: rund 180 Quadratmetern
In: Pirna, in der Nähe von Dresden
Experten: Büro für Bauform
Fotos: Markus Vogt, Leipzig
Auf einen Blick
Hier wohnt: eine Familie mit einem Kind
Auf: rund 180 Quadratmetern
In: Pirna, in der Nähe von Dresden
Experten: Büro für Bauform
Fotos: Markus Vogt, Leipzig
Drei Baukörper in traditioneller Satteldachform stehen nebeneinander auf einem Grundstück mitten in einem gewachsenen Wohngebiet. Doch das Einfamilienhaus, das hier entstanden ist, hat ungewöhnliche Eigenschaften: Erstens haben alle drei Gebäudeteile unterschiedliche Traufhöhen. Und zweitens fallen sie durch ihre Fassaden auf. Das Wohnhaus auf der linken und die Garage auf der rechten Seite haben eine vorgehängte Fassade aus Trapezblech. Wände und Dach des mittleren Bauteils, in dem das Wohnzimmer untergebracht ist, bestehen aus Polycarbonat. So wirkt dieser Hausteil wie ein Wintergarten. Ein Holzskelettbau trägt die sechzig Millimeter starken Platten, die mit thermisch getrennten Profilen befestigt sind. Das relativ günstige Material wird gerne für den Bau von Industriehallen verwendet. „Die Platten sind sehr leicht. Damit sie auch bei heftigerem Wind nicht wegfliegen, haben wir sie mit sogenannten Windsog-Ankern verschraubt“, erläutert Architekt Jürgen Lehmeier.
Dieser Baukörper ist bis in den First offen. „Der Wintergarten sorgt für genügend Luftbewegung. Eine Lüftungsanlage konnten wir uns sparen“, berichtet Lehmeier. Ist genug Sonne da, erwärmt sich die Luft selbst im Winter auf eine angenehme Temperatur. Im Sommer sorgen Dachflächenfenster an der Nordseite dafür, dass es nicht zu heiß wird. Die Fenster haben einen Temperatursensor und öffnen sich automatisch zum Lüften. Dank eines Regen- und Windwächters schließen sie sich selbstständig, wenn Sturm oder Regen aufkommt. „Auch bei der Haustechnik haben wir auf geringe Kosten bei hohem Komfort geachtet“, erklärt der Architekt.
Die beiden Hausteile, die den Wintergarten flankieren, sind als Massivbauten konstruiert und mit einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade aus Trapezblech versehen. Dachrinnen und Fallrohre sind in die Fassade unsichtbar integriert. Den monolithischen Charakter der Gebäudeteile haben die Architekten bewusst inszeniert. So montierten sie die Trapezbleche zum Beispiel mit pulverbeschichteten Schrauben in derselben Farbe, damit ein möglichst einheitlicher Eindruck entsteht.
Die Garage schmiegt sich als niedrigster und zugleich längster Gebäudeteil an die eine Seite des Wintergartens. Der Eingang liegt neben dem Garagentor, das ebenfalls mit Polycarbonatplatten verkleidet ist. „Wir wollten zuerst Dachflächenfenster in das Trapezblech einsetzen. Das hat uns aber nicht so gut gefallen. Um dennoch Tageslicht in die Garage zu bekommen haben wir ein Standardtor zum Selbstbelegen gewählt und darauf die Polycarbonatplatten montiert. So hatten wir gleich noch eine Dämmung“, beschreibt der Architekt. Außerdem konnten sie auf diese Weise weitere Kosten sparen.
Die beiden Hausteile, die den Wintergarten flankieren, sind als Massivbauten konstruiert und mit einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade aus Trapezblech versehen. Dachrinnen und Fallrohre sind in die Fassade unsichtbar integriert. Den monolithischen Charakter der Gebäudeteile haben die Architekten bewusst inszeniert. So montierten sie die Trapezbleche zum Beispiel mit pulverbeschichteten Schrauben in derselben Farbe, damit ein möglichst einheitlicher Eindruck entsteht.
Die Garage schmiegt sich als niedrigster und zugleich längster Gebäudeteil an die eine Seite des Wintergartens. Der Eingang liegt neben dem Garagentor, das ebenfalls mit Polycarbonatplatten verkleidet ist. „Wir wollten zuerst Dachflächenfenster in das Trapezblech einsetzen. Das hat uns aber nicht so gut gefallen. Um dennoch Tageslicht in die Garage zu bekommen haben wir ein Standardtor zum Selbstbelegen gewählt und darauf die Polycarbonatplatten montiert. So hatten wir gleich noch eine Dämmung“, beschreibt der Architekt. Außerdem konnten sie auf diese Weise weitere Kosten sparen.
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Am Ende des Eingangsflurs liegt die Gästetoilette, seitlich davon geht es in den großen offenen Wohnraum des Wintergartens.
Am Ende des Eingangsflurs liegt die Gästetoilette, seitlich davon geht es in den großen offenen Wohnraum des Wintergartens.
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Eine Treppe fungiert als Wegweiser zwischen privaten und öffentlichen Bereichen. „Architektur sollte führen. Der Besucher sollte gleich erkennen, wo er ungefragt hin darf und wo er um Erlaubnis bitten muss. Die Treppe übernimmt hier diese Funktion. Sie ist Verbindungsglied und Teil des Aufenthaltsraums. Eigentlich sitzt hier immer jemand oder es liegt etwas drauf“, weiß der Architekt. Die Treppe führt auf die Galerie und von dort in das Kinder- und das Gästezimmer sowie das dazugehörige Bad, die im höchsten und zugleich schmalsten Hausteil liegen. Die Decke des Bades ist abgehängt, der Raum darüber dient als Stauraum.
Eine Treppe fungiert als Wegweiser zwischen privaten und öffentlichen Bereichen. „Architektur sollte führen. Der Besucher sollte gleich erkennen, wo er ungefragt hin darf und wo er um Erlaubnis bitten muss. Die Treppe übernimmt hier diese Funktion. Sie ist Verbindungsglied und Teil des Aufenthaltsraums. Eigentlich sitzt hier immer jemand oder es liegt etwas drauf“, weiß der Architekt. Die Treppe führt auf die Galerie und von dort in das Kinder- und das Gästezimmer sowie das dazugehörige Bad, die im höchsten und zugleich schmalsten Hausteil liegen. Die Decke des Bades ist abgehängt, der Raum darüber dient als Stauraum.
Die Treppe hat der gelernte Schlosser Lehmeier selbst entworfen. Die Trittstufen aus vier Millimeter starkem, gefaltetem Stahlblech sind auf einen Holm geschweißt. Das Geländer ist einfacher Winkelstahl mit einer Füllung aus einer mit Drahtseil verstärkten Wäscheleine. „Treppen zu entwerfen, ist ein Steckenpferd von mir. Dieses Geländer hier ist wohl das günstigste, das ich je entworfen habe“, erzählt Lehmeier.
Hinter der Treppe führt ein Durchbruch in das Esszimmer. Wer hierhin will, muss um die Treppe herumgehen. Esszimmer und Küche teilen sich einen Raum. Ein Eckfenster bringt hier Tageslicht von zwei Seiten herein. Wie alle Fenster im Haus hat auch dieses einen Holz-Alu-Fensterrahmen mit einer Dreifachverglasung.
Unter der Treppe führt eine Tür in die Box, die an der Nordseite des Wintergartens eingestellt ist. In dieser Box, die in Holzleichtbauweise errichtet wurde, liegen eine Ankleide mit Zugang zum Elternschlafzimmer und das Elternbad.
Auf den ersten Blick handelt es sich um ein normales Bad, mit bodengleicher Dusche und frei stehender Badewanne. Doch auch hier ist nichts so gewöhnlich, wie es zunächst scheint. „Die Dusche war eines der kompliziertesten Details des ganzen Hausbaus“, erinnert sich Lehmeier an den Einbau. Bereits vor dem Gießen der Bodenplatte musste genau festgelegt werden, wo und in welcher Höhe sich die Duschwanne befinden sollte. „Wir haben dafür einen Platzhalter in den Betonboden eingegossen“, erklärt der Architekt.
Wie bei Industriebauten ist die Bodenplatte in diesem Haus bereits der fertige Fußboden. Daher wurde die Außenschalung mit einer Dämmung versehen. Auf der Schalung wurden sämtliche Wände angerissen. „Wir haben mit Kabeln, Schnüren und Farbe Markierungen für die Wände und alle Installationen gemacht. Es war schon einige Überzeugungsarbeit notwendig, Handwerker an die Baugrube zu bringen, die normalerweise erst auf die Baustelle kommen, wenn das Haus schon steht“, erzählt Lehmeier.
Wie bei Industriebauten ist die Bodenplatte in diesem Haus bereits der fertige Fußboden. Daher wurde die Außenschalung mit einer Dämmung versehen. Auf der Schalung wurden sämtliche Wände angerissen. „Wir haben mit Kabeln, Schnüren und Farbe Markierungen für die Wände und alle Installationen gemacht. Es war schon einige Überzeugungsarbeit notwendig, Handwerker an die Baugrube zu bringen, die normalerweise erst auf die Baustelle kommen, wenn das Haus schon steht“, erzählt Lehmeier.
Letztendlich machten die Installateure und Elektriker aber doch mit. Rohre, Kabel und die Fußbodenheizung wurden direkt zwischen die Bewehrung gelegt und in den Beton eingegossen. Abschließend wurde der Beton geflügelt (eine besondere Behandlung zum Glätten und Versiegeln der Oberfläche) und dann bis zum Ende der Bauzeit abgedeckt. „Wir haben viel ausprobiert, was eigentlich nur im Industriebau gemacht wird. Dort allerdings mit wenig Anspruch an die Ästhetik. Diese Transferleistung müssen Architekten erbringen, um so den Wohnungsbau zu verbilligen“, sagt Lehmeier. An der Rückwand des Elternbades haben die Bauherren Kunstrasen auf die Polycarbonatplatten geklebt. So ist die Wand, hinter der die Gästetoilette liegt, blickdicht.
Grundriss Erdgeschoss
An der Nordseite des Hauses sind im Erdgeschoss Fenster in die Fassade eingesetzt. So bekommen Hauswirtschafts- und Technikraum sowie die Gästetoilette, die alle drei im massiv gebauten Garagentrakt liegen, Tageslicht.
Grundriss Erdgeschoss
An der Nordseite des Hauses sind im Erdgeschoss Fenster in die Fassade eingesetzt. So bekommen Hauswirtschafts- und Technikraum sowie die Gästetoilette, die alle drei im massiv gebauten Garagentrakt liegen, Tageslicht.
Grundriss Obergeschoss
Die in den Wintergarten eingeschobene Box dient im Obergeschoss als Bibliothek. Die beiden Zimmer sind bis unters Dach offen. Das zwischen den beiden Räumen liegende Bad ist abgehängt. Der Spitzboden dient als zusätzlicher Stauraum.
Die in den Wintergarten eingeschobene Box dient im Obergeschoss als Bibliothek. Die beiden Zimmer sind bis unters Dach offen. Das zwischen den beiden Räumen liegende Bad ist abgehängt. Der Spitzboden dient als zusätzlicher Stauraum.
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Haben Sie bei Ihren Projekten auch schon mal Industriematerialien verwendet? Können Sie sich vorstellen, Baustoffe wie Polycarbonat beim Wohnhausbau einzusetzen?
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