Designerin erklärt die Transformation eines Gründerzeithauses
Aus einer alten Metzgerei wird ein nachhaltiges, modernes Zuhause und historische Substanz vor dem Verfall gerettet
Das Haus in der Königsteiner Altstadt im Taunus hatte schon bessere Tage gesehen: Die einst prachtvolle Fassade des Gründerzeitbaus war einem Umbau in den 80er-Jahren zum Opfer gefallen, ein Anbau zwischen dem dreistöckigen Stadthaus und einem benachbarten Fachwerkhaus aus dem 18. Jahrhundert verschandelte die übrige Außenansicht und auch innen war dank abgehängter Decken und diverser Umbauten im Laufe der Jahre kaum etwas vom einstigen Glanz übrig geblieben.
Das Potenzial des Hauses erkannte Esther Weise dennoch – und zeigt mit einer aufwendigen Sanierung, wie man historische Bausubstanz bewahren und dabei energetisch sanieren kann. Mit ihrem neuen alten Zuhause möchte sie auch städtebaulich ein Vorbild sein, denn das Haus kommt gänzlich ohne fossile Brennstoffe aus und prägt optisch eine Straße, in der viele dem Verfall preisgegebene Häuser stehen.
Das Potenzial des Hauses erkannte Esther Weise dennoch – und zeigt mit einer aufwendigen Sanierung, wie man historische Bausubstanz bewahren und dabei energetisch sanieren kann. Mit ihrem neuen alten Zuhause möchte sie auch städtebaulich ein Vorbild sein, denn das Haus kommt gänzlich ohne fossile Brennstoffe aus und prägt optisch eine Straße, in der viele dem Verfall preisgegebene Häuser stehen.
Erbaut wurde das Gebäude während der Jahrhundertwende des letzten Jahrhunderts. Häuser wie diese gibt es viele in Königstein. Nicht nur in der Straße, wo Esther Weise nun mit ihrer Familie wohnt, sondern auch in anderen deutschen Kleinstädten. Über Generationen hinweg waren sie in der Hand von inhabergeführten Handwerksbetrieben und wurden als kleine Ladengeschäfte genutzt. „Jetzt sind die meisten dem Verfall preisgegeben und es fehlt oft ein städtebauliches Konzept, wie sich solche Altstädte zu Wohnquartieren weiterentwickeln lassen. Das wirkt sich auch auf die Genehmigungsverfahren bei einem solchen Projekt aus“, so Weise über ihre Erfahrungen und der damit verbundenen Hoffnung, mit ihrem Haus das Bild der Straße neu zu prägen.
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Die energetische Sanierung: Den ehemaligen Anbau, ein der früheren Metzgerei dienlicher Zweckbau, ließ Weise komplett rückbauen: „Dort befindet sich nun unsere Terrasse“, so Weise. Entstanden ist ein ökologisches Haus mit historischer Bausubstanz zur Straße hin und einer komplett neuen Rückseite: „Zu den Nachbarhäusern und nach vorne hin haben wir innwändig gedämmt, außerdem wurde das Dach komplett gedämmt und die rückwärtige Fassade mit einem Vollwärmeschutz von 14 Zentimetern versehen“, erzählt Weise. Für Heizung und Warmwasser ließ sie einen Wärmetauscher im Hof installieren: „Dass wir so keine fossilen Brennstoffe benötigen, macht das Geräusch und die Ästhetik dieses Kastens wieder wett“, erklärt sie.
Das Innenraumkonzept: Im Innern ist das Gebäude kaum wiederzuerkennen. Es war ein aufwendiger Umbau, bei dem nicht nur Wände und Fenster ausgetauscht wurden, sondern auch das Niveau des Sichtestrich-Bodens zur Treppe hin ausgeglichen werden musste.
Der einstige Verkaufsraum (siehe Vorher-Foto oben) der Metzgerei wandelte sich zu einem großzügigen Raum, in dem sich das Leben der dreiköpfigen Familie nun hauptsächlich abspielt.
Es ist ein einfaches Lebenskonzept, das hinter ihrer Planung steht: „Wir wollten die tatsächlichen Bedürfnisse abbilden und authentisch sein. Dabei war es uns gestalterisch wichtig, der Tradition der Jahrhundertwende Rechnung zu tragen und dabei eine zeitgenössische, klare Linie zu erreichen, die weder zu protzig, noch zu elegant ist.“ Neben Stuckleisten, Altbautüren und -sockel bedeutete das für Weise die Verwendung einfacher, natürlicher Materialien – und ein Verzicht auf ein üblicherweise den Wohnräumen vorgeschaltetes, repräsentatives Entree.
„Um eine gestalterische Vision zu erarbeiten, ist die gesuchte Atmosphäre entscheidend“, bringt sie ihren Ansatz auf den Punkt, den sie auch bei ihrer Arbeit mit Kunden stets verfolgt: „Wir beginnen mit Eindrücken aus maximal sechs Bildern, um mit dem Kunden festzulegen, wie sich der Raum anfühlen soll. Auf dieser Basis lassen sich alle zukünftigen Entscheidungen leicht abgleichen.“
„Um eine gestalterische Vision zu erarbeiten, ist die gesuchte Atmosphäre entscheidend“, bringt sie ihren Ansatz auf den Punkt, den sie auch bei ihrer Arbeit mit Kunden stets verfolgt: „Wir beginnen mit Eindrücken aus maximal sechs Bildern, um mit dem Kunden festzulegen, wie sich der Raum anfühlen soll. Auf dieser Basis lassen sich alle zukünftigen Entscheidungen leicht abgleichen.“
So wirkt der Allraum, in dem man sich mit Betreten des Hauses unmittelbar befindet, großzügig und klar, aber auch gemütlich und unaufgeregt. Hier befindet sich neben der Küche und dem Essbereich auch die Garderobe sowie ein versteckter Stauraum mit den Zugängen zum Hauswirtschaftsraum und zur Gästetoilette.
Die Küche stammt, wie viele der Möbel, von Esther Weise selbst: Hinter den horizontal genuteten Fronten in „Nearly Black“ aus der eigenen Serie verstecken sich Ikea-Korpusse der Küchenserie Metod. Eine schwarze Küchenarbeitsplatte aus Keramik bildet den Abschluss.
Die Küche stammt, wie viele der Möbel, von Esther Weise selbst: Hinter den horizontal genuteten Fronten in „Nearly Black“ aus der eigenen Serie verstecken sich Ikea-Korpusse der Küchenserie Metod. Eine schwarze Küchenarbeitsplatte aus Keramik bildet den Abschluss.
Die 2,40 breite Kochinsel mit Kochfeld und integriertem Muldenabzug mündet seitlich in einen Tresen, an dem eine grobe Holzbank aus massiver Eiche gleich mehrere Sitzplätze bietet. Ein eigener Möbelentwurf, der wie so viele ihrer Möbel aus der vergeblichen Suche nach etwas Vergleichbarem entstand. „Es sollte eine Bank sein, die im Maß an die Kücheninsel passt und die richtige Höhe für diesen Zweck hat“, erklärt Weise und ergänzt, „aber das gab es nicht“.
Drei Kupferleuchten („Lampe Gras“ von DCW) vervollständigen das zeitlose Küchendesign, das eine scheinbar mühelose Verbindung zwischen der Gründerzeit und der Gegenwart herstellt. Bei der Wahl der Elektrogeräte setzte Weise auf eine hybride Vorgehensweise, die sie auch ihren Kunden empfiehlt: „So kommt man am Ende mit vernünftigen Preisen raus. Wir haben einen Gaggenau-Ofen, weil er der schönste ist und die Ikea-Geschirrspülmaschine, weil sie das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis bietet“, erklärt sie.
Drei Kupferleuchten („Lampe Gras“ von DCW) vervollständigen das zeitlose Küchendesign, das eine scheinbar mühelose Verbindung zwischen der Gründerzeit und der Gegenwart herstellt. Bei der Wahl der Elektrogeräte setzte Weise auf eine hybride Vorgehensweise, die sie auch ihren Kunden empfiehlt: „So kommt man am Ende mit vernünftigen Preisen raus. Wir haben einen Gaggenau-Ofen, weil er der schönste ist und die Ikea-Geschirrspülmaschine, weil sie das optimale Preis-Leistungs-Verhältnis bietet“, erklärt sie.
Die in die Trockenbaunische integrierte Schrankwand neben der Kochinsel bietet Platz für Lebensmittel, Haushaltsgeräte und den Kühlschrank sowie einen Zugang zum benachbarten Hauswirtschaftsraum. Vor allem aber sorgt die in einem tiefen Blaugrün (Farbton „Inchyra“ von Farrow & Ball) gestaltete Wand, die sich bis hinüber zum Essbereich fortsetzt, für eine gemütliche Atmosphäre in dem gesamten Raum.
Ein Blick in den Hauswirtschaftsraum, durch den es geradewegs auf die Terrasse geht.
Ein Blick in den Hauswirtschaftsraum, durch den es geradewegs auf die Terrasse geht.
Im gegenüberliegenden Essbereich kombinierte Weise zeitlose Stuhl-Klassiker von Arne Jacobsen mit einem eigenen Entwurf, einem 2,50 Meter langen Esstisch aus weiß lasiertem Eichenholz und Stahlgestell. Eine Pendelleuchte des tschechischen Herstellers Brokis sorgt hier für stimmungsvolle Beleuchtung.
Selbst das Bild im Hintergrund des Essenbereichs stammt von Esther Weise, die auch ihren Kunden dazu rät, selber kreativ zu werden: „Gerade wenn für Kunst kein Budget mehr da ist, lässt sich mit etwas Bildbearbeitung und eigenen Fotos einfach Atmosphäre schaffen.“
Eine auf Maß gefertigte Bank aus massivem Eichenholz bietet zusätzlich bequeme Sitzmöglichkeiten. In den großen Schubladen darunter verschwinden die Schuhe der Familie. Weise dekoriert sie mit jahreszeitlich wechselnden Polstern: „Das Flanellpolster für den Winter ist etwas dunkler und vor allem weicher. Gerade über die Anmutung der Stoffe wird sofort eine andere Stimmung transportiert.“
Ein geschmackloser Stilmix prägte das teilweise geflieste Treppenhaus vor dem Umbau.
Die prägenden Stilelemente des Treppengeländers konnten erhalten werden. Ergänzt um neue Setzstufen in Weiß und Trittstufen aus massiver Eiche mit traditioneller Kante erstrahlt auch das Treppenhaus nach dem Umbau in neuem Glanz.
Im ersten Obergeschoss gestaltete Weise einen Rückzugsraum für die Familie, ein Badezimmer und ein Arbeitszimmer, das auch als Gästezimmer genutzt werden kann.
Mit gealtertem, hellen Eichenparkett, dunkelgrauen Wänden (Farbton „Elefant“ von Flamant) und zwei extratiefen sich gegenüberstehenden Sofas herrscht auch hier eine ruhige, gemütliche Atmosphäre.
Die Glastrennwand erlaubt Einblicke in den Raum, schirmt ihn aber zugleich akustisch vom Treppenhaus ab.
Die Glastrennwand erlaubt Einblicke in den Raum, schirmt ihn aber zugleich akustisch vom Treppenhaus ab.
Im Dachgeschoss mussten ebenfalls Wände weichen. Hier entstanden zwei Schlafzimmer und ein Bad mit separatem WC.
Das neue Elternschlafzimmer reicht über die gesamte Tiefe des Hauses und bietet im hinteren Bereich einen großzügigen Ankleidebereich mit Einbauschränken auf beiden Seiten des länglichen Raumes.
Dabei handelt es sich um flächenbündig in die Trockenbauwand integrierte und mit eigenen Fronten versehene Ikea Pax-Schränke.
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Hier wohnt: die Designerin und Planerin Esther Weise von add it+ mit ihrer Familie
In: einem Gründerzeithaus in Königstein
Auf: 240 Quadratmetern Wohnfläche
Die Ausgangssituation: Als betriebswirtschaftlichen Wahnsinn beschreibt Designerin Esther Weise die Sanierung, mit der sie dem Haus sein ursprüngliches Aussehen zurückgab und es energetisch fit für die Zukunft machte. Denn mit einer Höhe bis zum Boden des Dachstuhls von fast 12 Metern zählt das Gebäude zur Gebäudeklasse 4 und muss damit die gleichen Brandschutzauflagen erfüllen wie ein Mehrfamilienhaus. „Dabei hätte das Haus eigentlich unter Denkmalschutz stehen müssen. Und dann hätten wir diese ganzen Maßnahmen aus Denkmalschutzgründen nicht durchführen dürfen“, berichtet Weise über eine von vielen Herausforderungen, die sie während des Umbaus des zuletzt als Metzgerei genutzten Gebäudes zu bewältigen hatte.